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Gelebter Artenschutz: Kies, Kröten, kleine Pfützen
Foto: Stepniak

Gelebter Artenschutz: Kies, Kröten, kleine Pfützen

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Jennifer von Glahn

Ein ungewöhnlicher Baustellenbewohner stellte die AGR in Herten vor eine besondere Herausforderung: die Kreuzkröte.

Bevor auf dem ehemaligen Industrieareal die geplante Wertstoff-Recycling-Anlage (WeRA) der AGR entstehen kann, müssen die nach Artenschutzrecht streng geschützten Amphibien ein neues Zuhause bekommen. Denn was für uns Menschen auf den ersten Blick wie eine unwirtliche Brache wirkte, war für die Kreuzkröte ein Paradies. Offene Flächen mit lockeren Böden, spärlicher Vegetation und immer wieder kleinen Pfützen – genau solche Bedingungen liebt die Pionierart, die ursprünglich aus Auenlandschaften großer Flüsse stammt. „In der freien Natur sind diese Lebensräume längst selten geworden, doch auf Industriebrachen, Baustellen oder Abgrabungsflächen fühlt sich die Kreuzkröte erstaunlich wohl“, sagt der AGR-Experte und gelernter Ökologe Daniel Gurski.

Bevor die Bagger Anfang 2024 anrückten, begann die aufwändige Umsiedlung – liebevoll per Hand. Mit Gummistiefeln, Taschenlampen und Eimern rückte das Team um Daniel Gurski nachts aus – besonders wenn die Kröten bei Regen aktiv waren. Tagsüber halfen ausgelegte Gummimatten, unter denen sich die Tiere gerne versteckten. Von dort wurden sie vorsichtig eingesammelt und in ihr neues Habitat gebracht. „Wir fanden die Kreuzkröten im gesamten Baufeld verteilt – von erwachsenen Tieren bis zu vielen Jungkröten“, erklärt der Ökologe. Insgesamt zählten er und sein Team rund 2.700 Exemplare, darunter etwa 350 ausgewachsene Tiere.

Ein neues Zuhause – direkt vor Ort

In unmittelbarer Nähe zum Baugelände entstanden gleich zwei neue Habitate mit einer Gesamtfläche von ca. 8.100 Quadratmetern. Der neue Lebensraum wurde eigens für die Kreuzkröten geschaffen, mit kies- und sandreichen Flächen, ergänzt durch Steinhaufen, Mulden und Rückzugsmöglichkeiten. „Die Kreuzkröte ist hochmobil und sehr anpassungsfähig. Genau deshalb lassen sich für sie neue Lebensräume, sogenannte Ersatz-Habitate, gut an anderer Stelle schaffen“, so WeRA-Projektleiterin Andrea Stempelmann.

Bauprojekt mit Rücksicht

Das Projekt zeigt, wie ernst die AGR Gruppe den Artenschutz nimmt. Noch während die Sanierungs- und Baupläne für die neue Wertstoff-Recycling-Anlage erstellt wurden, liefen bereits die ökologischen Begleitmaßnahmen. „Artenschutz ist kein Nebenschauplatz, sondern tagtäglich integraler Bestandteil unserer Arbeit. Wir müssen dokumentieren, wie wir neue Lebensräume schaffen und die Umsiedlung begleiten – das ist rechtlich vorgeschrieben und für uns auch eine Selbstverpflichtung“, betont Andrea Stempelmann. Die neue WeRA-Anlage soll 2027 in Betrieb gehen. Für die Kreuzkröten ist der Umzug schon jetzt abgeschlossen – und aus einer alten Fläche ist dank der vorausschauenden Artenschutzaktivitäten ein neuer, dauerhafter Lebensraum für eine bedrohte Tierart entstanden.

Die Kreuzkröte auf einen Blick

  • Größe: 5–8 cm
  • Lebensraum: offene, sandig-kiesige Flächen mit wenig Vegetation
  • Besonderheit: Gräbt sich gerne ein und kommt auch nur mit temporären Gewässern und Pfützen aus
  • Verbreitung: Vor allem in Auenlandschaften und Binnendünen, heute oft auf Industriebrachen
  • Fortbewegung: Anders als viele andere Kröten; sie läuft lieber, statt zu hüpfen
  • Gefährdung: Steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten

Die neue Wertstoff-Recycling-Anlage (WeRA) soll auf einer 113.000 m² großen Fläche gegenüber des RZR in Herten voraussichtlich ab Mitte 2027 mit moderner Technik Eisen- und Nicht-Eisen-Metalle aus der Rotasche der Abfallverbrennung im RZR-Herten zurückgewinnen. Baubeginn war Anfang 2024. Dafür hat Ökologe Daniel Gurski 2.700 Kröten per Hand umgesiedelt.

Info
AGR Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet mbH

Im Emscherbruch 11
45699 Herten

02366 300-0
https://www.agr.de/

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